Manifesto (d)

Unsere Stützpunkte
BombaCarta entsteht als Netz von Beziehungen und Freundschaften und nicht als lebloser Platz, wo man passiv lernt. Wir lernen die Kunst der Freundschaft, indem wir unsere „Freundschaft“ für die Kunst erleben. Die Freundschaft ist überhaupt nichts Selbstverständliches. Sie wird mit dem Beitrag von denen aufgebaut, die sie unter den ungeschriebenen Regeln des Respekts, des Zuhörens, der Hingabe, des Unternehmungsgeistes erleben wollen. Das ist auch eine Kunst. Auβerdem will BombaCarta weder ein Feuerwerk von Texten und unordentlichen Werken noch eine „erholsame Gruppe“, sondern ein folgerichtiges kritisches und artikuliertes Projekt sein. Die Philosophie dieses Projekts stützt sich auf die Erwägungen über die Hauptfragen der Kunst und des Audruckes.

Einsatz und Abenteuer
Wir glauben an den kulturellen Einsatz, erlebt als Abenteuer, das Solidarität, Spaβ und zugleich Erfahrungsvermittlung zusammenfasst.
Wir glauben an die kreative Fähigkeit, die jeder Mensch in sich als Geheimnis, Überraschung und neue Wirklichkeitsauffassung trägt. Wir versuchen diese Leidenschaft als eine Mitarbeit- und Kommunikationsherausforderung zu erleben, die der narzisstischen und individualistischen Haltung entgegengesetzt ist.
Wir glauben an die Kommunikation, in der man mit Geduld und Begeisterung wächst, als Mittel zum Miterleben unserer Umwelt, unseres Menschseins und zur Vorstellung dessen, was dem Menschen am Menschlichsten ist.

Die Kunst
Der Mensch erzählt von sich selbst und stellt die Realität und seine eigene Einbildungskraft dar.
Er erlebt in seiner Seele immer neue wachsende Auffassungen, Neugier, Fragen, Antworten, Abgrundvisionen, sinnliche Entdeckungen, Triumph- und Depressionserfahrungen, Einsamkeit und Zusammensein. Der künstlerische Ausdruck ist ein Erfindungs- und Produktionsprozess, der das menschliche Abenteuer gestaltet.
Dieser Prozess erzählt, fotografiert, malt und besingt genau dieses Abenteuer.
Wir verstehen also die Kunst nicht als etwas Künstliches oder reines stilistisches Suchen. Man kann sich der Kunst annähern, nur wenn man weise ist, oder vor ihr mit klopfendem Herzen steht. Die Kunst ist für uns Ausdrucksform und zugleich Vermittler davon, was am menschlichsten im Menschen ist.

Kunst und Leben
Aus diesem Ausgangspunkt bilden Leben, Sterben, Wählen, Lieben, Träumen, Leiden, Hassen, Hoffen und Verzeihen das Gebiet unserer Kunsttätigkeit. Indem wir eine bestimme Art von Kunst wählen, um unsere Erfahrungen zu vermitteln, setzen wir die Suche unserer Identität aufs Spiel.
Wir glauben, dass die Äuβerung der Kreativität „gut“ ist, wenn sie etwas Wahres über unsere Existenz, unsere Welt, unsere Vorstellung mitbringt. Für uns ist die Kunst „gut“, wenn sie vom Menschen und seiner Welt mit Echtheit spricht. Sowohl im Elend, im Durst, auf der Suche nach Identität und bedeutungsvollen Beziehungen, als auch in seiner Wahl, in seiner Sehnsucht, in seinen Gefühlen. Wir nehmen die Kunst als kreative Äusserung wahr, wenn sie von der hellen Seite der Existenz, aber auch von der dunklen Seite, vom Bösen, vom Hässlichen und vom allein umherziehenden Menschen spricht; eine Kunst, die Sehnsucht und Gefühle vom Menschen zum Ausdruck bringt.
Wir nehmen als „künstlich“ ein Werk, wenn es versucht zu verführen, ohne Echtheit zu vermitteln.

Kritische Erfahrung
Kritik üben bedeutet auf der Basis einer Leidenschaft für die Welt beurteilen und nicht als erstes Ziel die Wichtigkeit oder die Mittelmässigkeit eines Werkes zu bestimmen. Kritik üben bedeutet einen „offenen Blick“ haben, bereit zu leben, zu verstehen und zugleich bereit, befragt zu werden.
Die Lebendigkeit eines Werkes ist nicht mit äuβerlichen Reizen verbunden. Vielmehr stellt das Werk Fragen nach dem menschlichen Wert, der das Werk trägt. Das reizt Interesse an der Motivation und der Art, wie ein Kunstwerk entsteht, an seiner tiefsten Würze, an der Weltanschauung, woher das Werk stammt, und an dem Anklang, der es begleitet.

Kunst und Unterscheidungsvermögen
Wir glauben, dass die Kunst hilft, uns selbst zu verstehen. Der Künstler beobachtet die Welt und im Schöpfungsstreben fokussiert er etwas, das er ohne Kunst vielleicht überhaupt nie in sich und ausser sich selbst bemerkt hätte.
Darin besteht, unserer Meinung nach, der Wert der Kunst. Sie hilft uns, die Wahrheit zu entdecken, die sich im tiefsten Inneren unserer Seele versteckt und die wir nie erkannt hätten. Oft wird das Leben voller Eindrücke, die dort wie unentwickelte Fotoplatten bleiben, weil weder das Herz noch die Vernunft sie benutzt haben. Die Kunst wirkt wie ein Fotolabor, wo die Bilder entwickelt werden. Die Kunst hilft dem Menschen, Gefühle und sinnliche Empfindungen zu deuten und zu steuern, damit er nicht von ihnen, wie von einem sinnlosen, unaufhaltsamen Wasserfall überflutet und fortgerissen wird.

Innere Welt und und Geschichte
Wir sind davon überzeugt, dass die Literatur und Kunst zum Tiefsten des Menschenherzens führen, indem sie unseren echtesten Teil, unsere tiefsten Wurzeln und unsere letzten Ziele offenbaren. Die Berufung zur Kunst bedeutet also die Fähigkeit eines kreativen Ausdrucks des Lebens, das wie ein bedeutungsvoller Text erlebt wird.
Die echte Kunst hilft uns, klüger, sensibler und sittlich stärker zu werden, so dass wir dem Labyrinth des Lebens und der Geschichte entgegentreten und seinen Sinn verstehen können.
Die Kunst braucht einen ständigen, bewussten Dialog zwischen der Welt und unserer kritischen und kreativen Innerlichkeit. Sie können sich einander widerspiegeln, ohne entstellt zu werden. Die Gründe der Seele und die geschichtliche Dimension dürfen nicht getrennt werden. Die künstlerische Übung verstärkt das Unterscheidungsvermögen des geschichtlichen Menschen seinem Dasein gegenüber.

Kunst und Künste
Alle Künste sind untereinander verbunden und sie überschneiden sich ohne feste Grenzen. Talent- und Fähigkeitsaustausch sind für uns sehr wichtig. Im Austausch kann die persönliche Kreativität nur verstärkt werden. Es ist offensichtlich, dass persönliche Kompetenz und Fähigkeiten immer zu fördern sind.

Übung und Talent
Kunst bedeutet nach unserer Auffassung Übung und Experiment. Man kommt als Künstler zur Welt und zugleich wird man zum Künstler und das ist ein ständiger Dialog zwischen Kunst und Leben, Technik und Erfahrung, Talent und Sensibilität. Deshalb fördern wir Meetings und Ateliers, wo die Menschen zusammenarbeiten und Ideen und Erfahrungen austauschen. Der konstruktive und gegenseitige Beitrag macht das Werk zu einem gemeinsamen Objekt des kollektiven Vermögens.

(traduzione di Annamaria Manna)